HSS 2002 / 2003

Jubiläumsschau Schweizer Tauben in Schleusingen/ Thüringen

Quelle: Tierwelt, Nr. 51,2003 + 04,2004 + 07,2004    © www.tierwelt.ch

Aus der Sicht des Zuchtwartes Gerhard Liebscher

Das 50-Jahre-Jubiläum des deutschen Sondervereins (SV) der Züchter von Schweizer Tauben sollte anlässlich der Hauptsonderschau (HSS) Anfang Januar 2003 in Schleusingen im Süden des Thüringer Waldes, Deutschland, würdig gefeiert werden.

So wurde es vom Vorstand langfristig geplant und vorbereitet. Die HSS nimmt dabei einen besonderen Stellenwert ein.

Die Hoffnung und Erwartung, dass es ein gutes Meldeergebnis geben würde, war begründet. Das Rekordmeldeergebnis von 913 Einzeltieren und einer Voliere übertraf alle Erwartungen, und es stimmte nicht nur die Quantität, auch die Qualität der ausgestellten Tauben konnte sich sehen lassen und beeindruckte die Experten ebenso wie die zahlreichen Besucher.

Wenn unser Schweizer Preisrichterkollege und als Preisrichterobmann amtierender Freund Ulrich Hutmacher 30-mal die Höchstnote «vorzüglich» bestätigte, ist dies ein Beleg für die gewachsene Qualität und die geleistete Züchterarbeit im SV.

Wo es Licht gibt, gibt es aber auch Schatten. Bei aller berechtigten Freude über Spitzentiere und Fortschritte in der Zuchtarbeit dürfen wir den Blick für noch vorhandene Schwächen bei Rassen und Farbenschlägen nicht vergessen.

 

Berner Halbschnäbler

Vier schwarzscheckige und sechs rotscheckige Berner Halbschnäbler waren ausgestellt. Ein erfahrener Kenner der Berner Halbschnäbler selektierte sehr hart, aber auch mit berechtigter Konsequenz die zehn Tiere. Grobe Fehler wie Augen-, Schnabel- und Zeichnungsfehler sowie schwache Körper führten zu niedrigeren Punktzahlen. Matte Augenränder und teilweise tief sitzende Spitzkappen waren weitere Kritikpunkte. Dies ist leider der derzeitige Zuchtstand im SV, daran hätten auch ein oder zwei Punkte mehr bei manchen Tieren nichts geändert.

 

Eichbühler

Die gemeldete Zahl von 74 Eichbühlern in zwölf Farbenschlägen war eine positive Überraschung und spricht für sich. Selbst die seltenen Farbenschläge Mehlfarbig, Rotfahl oder Gelbfahl zeigten weitere Verbesserung und Rassentyp. Auch der Farbenschlag Blau mit schwarzen Binden zeigte Fortschritte in Figur und Haltung. Auf mehr Kopflänge und korrektere Binden ist zu achten.

Die starken Farbenschläge Blau ohne Binden (26Tiere) und Blaugehämmert (17) präsentierten sich in ausgeglichener und sehr guter Qualität. Auf eine geduckte Haltung (gewinkelte Fersengelenke) als eine rassetypische Eigenschaft ist mehr zu achten. Tiere mit groben Augenrändern oder unbedeckten Rückenpartien haben trotz guter Kopfformen kaum noch Chancen auf höhere Punktzahlen.

Der Farbenschlag Blaufahl mit dunklen Binden ist qualitätsmässig weiter auf dem Vormarsch, sowohl in Figur und Farbe als auch in den rassetypischen Kopfformen. Die Höchstnote errangen Peter Kneip auf Blau ohne Binden, Hans-Joachim Fuchs auf Mehlfarbige mit dunklen Binden und Detlef Hildebrandt auf Blaugehämmert.

 

Poster

Auch die 61 Poster in neun Farbenschlägen waren eine erfreuliche und gutklassige Kollektion. Die Beliebtheit der Rasse ist ungebrochen und fördert auch die Qualität, ohne den Blick für weitere Verbesserungen zu verschliessen. Erstaunlich für mich ist der Vormarsch der Farbenschläge Blau mit schwarzen Binden (15 Tiere) und Blaugehämmert (15).

Am ausgeglichensten im Zuchtstand ist der Farbenschlag Rotfahlgehämmert (13). Die Farbenschläge Rotfahl mit Binden (6) und Gelbfahl-Gehämmert (6) zeigten Licht und Schatten. In Grösse und Stand sind die Poster weiter vorangekommen und zeigen schon eine gute Ausgeglichenheit.

Die trapezförmige Kopfform ist weitestgehend sichtbar, und nur wenige Tiere zeigen noch die unerwünschten runden Köpfe.

Verbesserungsbedürftig ist weiter ein breit angesetzter Schnabel, der mit der Stirn eine Gerade bilden soll.

Tiere mit dünnen, eingesteckten Schnäbeln müssen mit Punkteabzügen bedacht werden. Dies gilt auch für zu breite Augenränder.

Keine Kompromisse darf es auch bei unbedeckten Rückenpartien geben. Auf eine noch betontere Brustpartie sollte bei der Bewertung geachtet werden. Die Höchstnote errangen Joachim Lasch auf Blaugehämmert und Hans Albert Helmholz auf Rotfahl-Gehämmert.

 

Einfarbige Schweizer Tauben

Dass die Einfarbigen Schweizer Tauben mit 81 Tieren in fünf Farbenschlägen den Bewertungsauftrag des Preisrichters auslasteten, gehört ins Guinnessbuch der Rekorde. 60 Weisse wurden von sieben Ausstellern vorgestellt. In Grösse und Figur waren sie ausgeglichener als in den letzten Jahren. Elegante Hälse mit geschlossenem Kammgefieder und hohen Spitzkappen sind in den meisten Fällen die Wünsche.

Erfreuliche Fortschritte zeigten die seltenen Farbenschläge Schwarz (6 Tiere), Blau mit schwarzen Binden (9) und Blaugehämmert (5). Stirn und Spitzkappenaufbau sowie ausgeglichenere Farbe gilt es bei diesen Farbenschlägen weiter zu verbessern.

Die Höchstnote errang Ronald Diefert auf eine weisse Täubin.

 

Berner Lerchen

Die Meldezahl von 23 Berner Lerchen bewegte sich im erwarteten Rahmen, obwohl die Zahl der Zuchten grösser ist. In Stand, Figur und Haltung sowie korrekter Deckenzeichnung wurde grössere Ausgeglichenheit erreicht. Dies kann man auch bei der Schwingenfarbe einschätzen. Wünsche gab es im Stirnaufbau und einer hohen, festen Spitzkappe. Die Mehrheit der gezeigten Tiere hatte lebhaft orangefarbige Augen. Mehrfach vom Preisrichter angemahnt wurde eine violette Halsfarbe, wo laut Standard ein grünlicher Schimmer verlangt wird. Die Note «hv» errang Ingo Peukert.

 

Berner Gugger Blauschwänze

Leider gibt es im SV noch keinen Züchter dieser Rasse. Da in der Schweiz ebenfalls nur wenige Tiere auf Schauen zu

sehen sind, lässt dies den Schluss zu, dass diese Rasse bei einer standardgerechten Zucht grosse Probleme bereitet. Die Schwierigkeiten liegen wahrscheinlich im Farbspiel, der so genannten Gugger-Zeichnung. Erfreulich war die Tatsache, dass der Klubpräsident aus der Schweiz, Ernst Walser, vier Tiere als Werbeexemplare zur Schau stellte und diese zum Verkauf anbot.

 

Berner Rieselköpfe

Die Tatsache, dass sich vier Aussteller mit der Zucht von Berner Rieselköpfen befassen, ist sehr erfreulich. Dass sich die Qualität der ausgestellten 16 Tiere weiter verbessert hat, war nicht zu übersehen. Natürlich gibt es noch Reserven in der Farbintensität und der Kopfzeichnung, aber die erzielten Fortschritte lassen uns für die Zukunft hoffen. Die Note «hv» errang Jürgen Weichold.

 

Berner Spiegelschwänze

Bei den Berner Spiegelschwänzen in Blau (7 Tiere) erscheinen mir die Fortschritte bescheidener. In Figur und Grösse konnten Verbesserungen festgestellt werden. Stirnanstieg, Spitzkappenzug und -höhe sind noch weiter zu verbessern. Die meiste Arbeit und Geduld erfordert aber noch eine durchgehende und markante Schwanzspiegelzeichnung. Die gezeigten Ansätze lassen mich aber optimistisch in die Zukunft blicken.

 

Berner Weissschwänze

Sechs Berner Weissschwänze waren in drei Farbenschlägen aus- gestellt. Dass diese schöne Rasse nur so schwer in unserem Sonderverein Fuss fasst, ist verwunderlich. Der schwarze Farbenschlag ist in der Schweiz quantitativ auch nicht allzu stark vertreten, zeigt aber hochfeine Spitzentiere auf den führenden Schauen. Die erstmals auf einer Hauptsonderschau gezeigten Tiere in Rot und Gelb sind ein erster Schritt beim Aufbau dieser seltenen Farbenschläge in Deutschland. Die Note «hv» errang Gerhard Liebscher auf den Farbenschlag Schwarz.

 

Thurgauer Mehlfarbige

Die Thurgauer Mehlfarbigen waren in zwei Farbenschlägen ausgestellt mit insgesamt 23 Tieren. Die 16 Bindigen zeigten eine gute Qualität in Figur, Stand und Farbe. Die Stirnpartien gaben kaum Anlass zu Kritik. Spitzkappenaufbau und Kammfülle sind weiter verbesserungsbedürftig.

Die zweite Binde länger und die Bindentrennung korrekter las ich mehrfach als Wunsch. Ronald Diefert (zweimal) und Uwe Reissenweber errangen die Note «hv». Sieben Gehämmerte bestätigten mit Punktzahlen im «sg»-Bereich ihren hohen Zuchtstand. Begrenzteres Brustgold, reine Kopffarbe und noch gleichmässigere Hämmerung bleiben aber als weitere Züchterarbeit. Die Note «hv» errang Ronald Diefert.

 

Thurgauer Weissschwänze

Die Thurgauer Weissschwänze stellten sich mit 28 Tieren in drei Farbenschlägen vor. Die 13 Blauen mit schwarzen Binden konnten durchaus gefallen. Mehrheitlich zeigten sie «sg»-Figuren, Stand und Eleganz. Stirnaufbau und Spitzkappenhöhe gaben kaum Anlass zu Kritik. Beachtet werden müssen die Schwanz-Körper-Proportion und eine korrektere zweite Binde. Die Höchstnote errang Reiner Wolf auf einen Alttäuber. Die neun Gehämmerten standen dem bindigen Farbenschlag in nichts nach. Sie überzeugten in Stand, Eleganz und Kopfpunkten. Schulterzeichnung offener und klarer sowie vollere Hämmerung waren die Wünsche. Die Höchstnote errang die Zuchtgemeinschaft Rüdiger Schikore und Christel Ross auf

eine Alttäubin. Sechs Tiere des schwierigen Farbenschlages Katzgrau (Blauschimmel) machten in Grösse, Figur sowie Kopfpunkten

einen guten Eindruck. Die Deckenfarbe wünschte ich mir eine Kleinigkeit intensiver, aber mit markanterer Aufhellung am

Federende. Die Bauchfarbe war bei einigen Tieren schon reichlich hell.

 

Thurgauer Mönche

Bei den Thurgauer Mönchen waren 83 Tiere in acht Farbenschlägen ausgestellt. Die elf Schwarzen mit weissen Binden zeigten sich in feiner Qualität. In Figur und Farbe gab es nur wenig Kritik. Mehr Spitzkappenhöhe sowie schmalere und längere Binden sind die Wünsche. Die Höchstnote errang Gerd Werner auf eine Alttäubin. Die zwei Schwarz- Weissgeschuppten machten in Farbe, Kopfzeichnung und Grösse einen guten Eindruck. Eine noch gleichmässigere Schuppung muss das Zuchtziel sein. Die wieder entstandenen Farbenschläge Blau ohne Binden (6 Tiere), Blau mit

schwarzen Binden (6) und Blau gehämmert (2) sind im Kommen und benötigen noch Zeit zur Reife. Trotz guter Figuren, Farbe und Schwingenzeichnung liessen einige Kopfzeichnungen, die Spitzenkappenbildung oder korrekte Binden und Hämmerung noch Wünsche offen; «hv» für Antino Werner (Jungtäuber, Blau ohne Binden) und Walter Weissleder (Alttäuber, Blau mit schwarzen Binden).

Der Paradefarbenschlag der Thurgauer Mönche, Blau mit weissen Binden, war mit 33Tieren angetreten und zeigte Tiere vom Feinsten.

Der hohe Zuchtstand wurde eindrucksvoll bestätigt. Kleine Wünsche möchte ich trotzdem anmerken:

Betontere Stirnpartien und mehr Spitzkappenzug muss bei aller Feinheit das Zuchtziel bleiben. Die Höchstnote auf einen Jungtäuber und eine Alttäubin errang Helmut Neuber. 22 blau-weissgeschuppte Mönche waren nicht nur eine stattliche Kollektion, sondern sie zeigten auch eine hervorragende Qualität; «sg»-Figuren, -Kopfzeichnung und -Bindenfarbe beeindruckten. Klarere Dreieckschuppung, betontere Stirnbildung und mehr Spitzkappenhöhe wünschte ich mir bei einigen Tieren. Die Säumungsfarbe könnte teilweise intensiver sein.

Die Höchsnote errangen Manfred Schmidt auf einen Alttäuber und Helmut Neuber auf eine Alttäubin.

 

Thurgauer Schildtauben

Die 53 Thurgauer Schildtauben hielten sich quantitativ im erwarteten Rahmen, dass sie in zwölf Farbenschlägen gezeigt wurden, überraschte positiv. Zehn Tiere in Schwarz waren von durchschnittlicher Qualität. Die Deckenfarbe könnte teilweise noch lackreicher sein. Kammfülle und festeres Halsgefieder wurde mehrfach angemahnt. Die 13 Roten konnten durchaus überzeugen. Die Federbildung war ausgereifter und fester, und damit der Gesamteindruck abgerundeter als an der Nationalen in Erfurt. Die Höchstnote errang Henry Werner auf eine Jungtäubin. Fünf Gelbe waren von guter Qualität in Figur und Schildfarbe. Stirnaufbau und Spitzkappenbildung sowie Kammfülle gilt es noch zu verbessern. Neun Blaue mit schwarzen Binden zeigten Licht und Schatten. Gute Schildfarbe und Schwingenzeichnung wurde durch unkorrekte und breite Bindenführung gestört. Überlange Figuren mit teilweise unbedeckter Rückenpartie müssen Punktabzüge erhalten. Die drei Blauen ohne Binden gefielen in Figur und Proportion sowie guter Deckenfarbe. Die Farbenschläge Blaufahl mit dunklen Binden (1 Tier), Rotfahl mit Binden (2), Rotfahl ohne Binden (1), Gelbfahl mit Binden (2), Blaugehämmert (2) und Rotfahl-Gehämmert (1) konnten in Figur, Schwingenzeichnung und Farbenspiel gefallen. Betontere Stirn, mehr Spitzkappenhöhe und Kammfülle bleiben hier die Hauptaufgaben. Der Farbenschlag Gelbfahl-Gehämmert hat ein weiteres Mal seinen hohen Zuchtstand unter den selteneren Farbenschlägen gezeigt. Hier stimmten Figur und Typ, mit prima Deckenzeichnung und «sg»-Kopfpunkten. Die Höchstnote auf einen Alttäuber war verdienter Lohn für Volker Schmidt.

 

Thurgauer Elmer

Unter den 13Thurgauer Elmern erschienen mir die acht Braunen insgesamt etwas reifer im Zuchtstand gegenüber den Gelben. Sie zeigten gute Figuren, gleichmässige Grundfarbe und gefälligen Stirnaufbau. Die Farbübereinstimmung von Brust und Bindenzeichnung wird uns noch weiter beschäftigen und Rätsel aufgeben. Das Tier mit Katalognummer 1219 von Ernst Walser kam den Forderungen des Standards am nächsten und wurde mit der Note «hv» ausgezeichnet. Die fünf Gelben hatten weniger Probleme mit der gewünschten Farbübereinstimmung von Brust- und Bindenzeichnung als vielmehr mit einer intensiveren Gelbfarbe und durchgehenden Binden. In Figur und Grundfarbe konnten auch die Gelben

gefallen. Bei beiden Farbenschlägen muss bei der Bewertung die Reinheit der Nackenfarbe mit gutem Augenmass betrachtet werden, sonst sind wir keine Förderer dieser schönen Rasse, sondern lassen sie verschwinden.

 

Wiggertaler Farbenschwänze

Die Wiggertaler Farbenschwänze waren mit 60Tieren in drei Farbenschlägen vertreten. Die 16 Roten waren für mich in ihrer Ausgeglichenheit in Figur, Farbe und Federbildung eine positive Überraschung. Bei einigen Tieren wünschte ich mir noch mehr Halseleganz. Die Höchstnote errang Axel Lübben auf eine Jungtäubin. Auch bei den zehn Gelben gab es keine Versager. Die Schwanzfarbe wünschte ich mir bei einigen etwas intensiver. Eine korrekte Schwanzfederlage muss beachtet werden. Die Note «hv» errang Karl-Heinz Fritsch auf einen Alttäuber. Dominierend waren wiederum die Blauen (34 Tiere). Die Figuren waren recht ausgeglichen. Die Schwanzdeckfarbe wünschte ich mir bei einigen Tieren reiner und gleichmässiger. Eine klare Schwanzbindenzeichnung wie bei den Spitzentieren muss weiterhin angestrebt werden.

Gleiche Forderung gilt eleganteren Halspartien. Die Höchstnote errang Karl-Heinz Fritsch auf einen Alttäuber.

 

Aargauer Weissschwänze

Das Stagnieren der Aargauer Weissschwänze im SV (eine Voliere sowie 16 Tiere in zwei Farbenschlägen waren ausgestellt) scheint überwunden, glaubt man den ausgestellten Tieren zur HSS in Schleusingen. Auch wenn nur zwei Aussteller die beachtliche Tierzahl präsentierten, war die Qualität viel versprechend. Die acht Volierentiere erreichten zwar nicht ganz das Niveau der Tiere in der Einzelkonkurrenz, machten aber einen geschlossenen Eindruck. Zwei Blaue mit schwarzen Binden konnten in Figur und Deckenfarbe gefallen. Der Fuss war gut ausgebaut, die zweite Binde sollte noch länger und korrekter verlaufen. 14 Blaue ohne Binden lagen mit ganz wenigen Ausnahmen im guten «sg»-Bereich.

Deckenfarbe, Latschen und Stirn gaben wenig Anlass zur Kritik. Dagegen wünschte ich mir die Bauch- und Schwingenfarbe gleichmässiger und etwas intensiver durchgefärbt. Auf Kamm und Keilfülle muss noch mehr geachtet werden.

Die Höchstnote errang Achim Stephan auf eine Jungtäubin.

 

Luzerner Einfarbige Tauben

Unter den 109 Luzerner Einfarbigen in neun Farbenschlägen präsentierte sich der Spitzenfarbenschlag Weiss mit 39Tieren aus fünf Zuchten. Dabei wurde der hohe Zuchtstand mit der Vergabe von drei Höchstnoten eindrucksvoll dargestellt (Bernd Sanftenberg, zwei Jungtäuber und eine Jungtäubin). Wenn trotzdem neun «g» sowie niedrige Punktzahlen vergeben werden mussten, so lag dies an zu schwachen Figuren, fehlender Schnabelsubstanz und Stirnbreite oder an tief sitzenden Spitzkappen. Bei den Luzerner Tauben muss der Typ durch abfallende Haltung und

proportionierte Grösse mit gut ausgeprägter Brustpartie hervortreten. Tiere mit zu hohem Stand und Überlänge sind keine Luzerner Typen.

13 Schwarze liessen aufhorchen und zeigen, dass auch dieser Farbenschlag im Kommen ist. Teilweise recht typische Figuren mit prima Schnabelsubstanz und Stirnbreite konnten gefallen. Farbintensität (Schwingen und Bauch) und Augenränder gilt es noch zu verbessern («hv» für einen Jungtäuber von Hans Kern).

Zu den seltenen Farbenschlägen Rotfahl (1 Tier), Rotfahl mit Binden (2), Gelbfahl mit Binden (6) sowie Braun (2) kann ich folgende Gesamteinschätzung geben: Sie bilden in den meisten Fällen, ausser Gelbfahl mit Binden, den Anfang und Aufbau dieses Farbenschlages. Es fehlt noch an Brust, dadurch wirken die Tiere etwas lang. Auch die Schnabel- und Stirnbreite lässt noch Wünsche offen. Die Deckenfarbe bei den Rotfahlen und Gelbfahlen war schon ansprechend. Bei den beiden Braunen sollte die Farbe noch gleichmässiger sein. Eine gelbfahl bindige Jungtäubin von Denis Bülow konnte gefallen und errang «hv».

Die Rotfahl-Gehämmerten (22Tiere) sind zurzeit nach den Weissen der qualitativ ausgeglichenste und beste Farbenschlag. Die Spitzentiere zeigten feine Figuren und rassetypische Kopfformen mit hohen Spitzkappen. Auch die Hämmerung zeigt schon eine klare Dreieckzeichnung. Die mit einer niedrigen Punktzahl bewerteten Tiere waren im Körper zu schwach, zeigten spitze Schnäbel oder waren in der Hämmerung zu verwaschen (Höchstnote für eine Jungtäubin von Bernd Sanftenberg).

Die beachtliche Zahl von 23 Gelbfahl-Gehämmerten stand zur Bewertung. Davon lagen 17 Tiere im «sg»-Bereich, was einen guten Gesamteindruck bescheinigt. Spitzkappenbildung, Kammfülle und teilweise auch Hämmerungsverteilung konnten gefallen. Mehr Schnabelbreite im Ansatz und breite Stirnpartien müssen das Zuchtziel sein. Einige Tiere waren im Schulterbereich zu schmal. Auf etwas gleichmässigere und intensiver gefärbte Bauchfarbe muss geachtet werden («hv» für einen Jungtäuber von Hendrik Hörnlein sowie eine Jungtäubin von Bernd Sanftenberg).

 

Luzerner Kupferkragen

Dass die Luzerner Kupferkragen (41 Tiere in drei Farbenschlägen) und hier in erster Linie die Blauen mit schwarzen Binden und gehämmert im Aufwind sind, zeigt sich schon seit zwei Jahren. Dies ist nach der langen «Durststrecke» eine erfreuliche Erkenntnis. Einzig die Blauen ohne Binden (1) haben den Anschluss anscheinend nicht geschafft. Hier sind Idealisten und Spezialisten gefragt. Die 30 Blauen mit Binden waren nicht nur eine imposante Kollektion, sondern auch eine Kollektion auf hohem Niveau. Die Spitzentiere zeigen die richtige Haltung, die richtigen Proportionen sowie die idealen Köpfe und Schnäbel eines Luzerners, wobei einzelne Tiere nicht mehr stärker im Körper werden sollten.

Weisse Rückenfarbe und weisse Federn oder starke Aufhellungen in der Behosung müssen mit Punktabzügen geahndet werden

(Höchstnoten für Willi Fritsch auf einen Jungtäuber und eine Alttäubin).

Die zehn Gehämmerten konnten ebenfalls Verbesserungen nachweisen und sind auf dem richtigen Weg. Die Qualität der bindigen Kupferkragen haben sie aber bei weitem noch nicht erreicht. Es fehlt noch etwas an Brustfülle und substanzvollem Schnabel. Die Brustfarbe erscheint noch oft als mattes Weinrot, anstatt des gewünschten leuchtend kupfrigen braunroten Farbtones. Eine intensive Hämmerungsfarbe ist weit gehend vorhanden, eine gleichmässige Hämmerungsverteilung gilt es noch zu verbessern.

 

Luzerner Goldkragen

Mit 153Tieren in drei Farbenschlägen waren die Luzerner Goldkragen vertreten. Aus elf Zuchten setzte sich die Kollektion der 59 Luzerner Goldkragen ohne Binden zusammen, ein gutes Meldeergebnis von durchschnittlicher Qualität. In Figur, Grösse und Haltung gab es kaum Ansatzpunkte von Kritik. Auch die Deckenfarbe entsprach den Anforderungen des derzeitigen Zuchtstandes. Das Brustgold wünschte ich mir teilweise noch leuchtender. Die Schwingenfarbe liess bei manchen Tieren Wünsche offen. Ein sanfter Kopfzug mit substanzvollem Schnabeleinbau wurde einige Male gefordert und muss auch beachtet werden. Tiere mit groben Augen- rändern und groben Schnabelwarzen müssen mit

Punktabzügen zurückgestuft werden (Höchstnote für eine Jungtäubin von Edmund Kutscherauer).

Mit 77 Bindigen stand eine stattliche Kollektion für den Preisrichter zur Selektierung. Bei recht ausgeglichener Qualität und hohem Zuchtstand mussten die Feinheiten über die Spitzenplatzierungen entscheiden. Die Forderung nach substanzvollen und gleichmässig starken Ober- und Unterschnäbeln sah ich weit gehend erfüllt, es gab nur wenige Tiere  mit zu dünnen Schnabelpartien. Ein korrekter Schnabeleinbau in einer sanften Kopfbogenlinie erscheint mir da wichtiger. Tiere mit harter Kopf- und Bauchfarbe müssen bei allen sonstigen Vorzügen mit niedrigen Punktzahlen bewertet werden. Bindenfarbe und Bindenführung haben sich auch weiter verbessert. Raue Zehen, wo die Befiederung noch Spuren hinterlassen hat, müssen ebenfalls zu Punktabzug führen (Höchstnoten für Peter Lindemeier auf einen Alttäuber und Werner Wuckelt auf eine Jungtäubin).

Auch die 17 Gehämmerten aus vier Zuchten zeigten sich weiter verbessert. Speziell eine gleichmässige Hämmerung hat Fortschritte gemacht.

Wir müssen nur darauf achten, dass unsere Gehämmerten im Körper nicht zu zart werden. Ein Verlust an Kopfsubstanz (Stirnbreite) und Schnabelbreite wäre dann die logische Folge. Das Brustgold wünschte ich mir leuchtender und teilweise begrenzter. Der Mut zur Höchstnote (Willi Fritsch auf eine Jungtäubin) für diesen schwierigen Farbenschlag freut mich, sie sollte positive Impulse auslösen.

 

Luzerner Rieselköpfe

Die acht Luzerner Rieselköpfe aus einer Zucht waren in Kopfzeichnung, Kopfform und Schnabelstärke durchaus rassetypisch. Etwas markantere Brustpartie sowie intensivere Decken-, Bauch- und Schwingenfarbe müssen das Zuchtziel sein.

 

Luzerner Schildtauben

Unter den 34 Luzerner Schildtauben in fünf Farbenschlägen eröffneten 16 Schwarze die Kollektion einer Rasse, die in den letzten Jahren eine kontinuierliche Verbesserung erlebte. Es ist schon erstaunlich, wie aus Tieren, die zwar den Namen Luzerner trugen, schöne Rassetypen in Grösse, Haltung, Kopfpunkten und Farbe geformt wurden, die dem Namen Luzerner Schildtauben alle Ehre machen. Tiere mit zu runder Kopfbogenlinie werden immer weniger. Auch die unschöne Flanken- und Schenkelzeichnung hält sich im erlaubten Rahmen. Eine lackreiche Schildfarbe rundet das

erfreuliche Bild ab (Höchstnote für Detlev Wille auf eine Jungtäubin). Die sechs Roten standen den Schwarzen nur wenig nach.

In Farbe, Schildzeichnung und Behosung gibt es kaum Unterschiede. Etwas kräftigere Körper (Brustfülle) und substanzvollere Schnäbel müssen noch teilweise erreicht werden. Das Spitzentier mit der Höchstnote stellte Wolfgang Pfeiffer.

Zwei Gelbe zeigten gute Schildzeichnung. In Figur, Grösse und Kopfpunkten muss der Luzerner Typ noch weiter verbessert werden. Die Schildfarbe muss gleichmässiger und lackreicher werden, ein durchgefärbter Armschwung bildet dafür die Grundlage. Mit acht Tieren bildeten die Blauen mit schwarzen Binden die zweitgrösste Kollektion. Dieser Farbenschlag zeigte teilweise Tiere mit typischer Figur und Grösse. Nur die Haltung muss noch abfallender und der Stand noch gewinkelter werden. Farbe und Bindenführung gaben nur wenig Anlass zu Kritik. Der Spitzkappenaufbau muss noch

fester und höher sein. Tiere mit mehr als insgesamt zwei weissen Klappenfedern müssen Punktabzüge in Kauf nehmen.

Ein Jungtäuber von Detlev Wille errang «hv». Das Tier Blau ohne Binden und die dunkelfarbige Täubin in der AOC-Klasse waren figürlich gut, Farbe und Kopfpunkte liessen Wünsche offen.

 

Luzerner Elmer

Mit sieben Tieren in zwei Farbenschlägen waren die Luzerner Elmer angetreten. Die fünf braunen Elmer waren in Farbe und Zeichnung recht ausgeglichen und gut. Sie wirkten aber etwas schmal und lang. Hier muss der Hebel angesetzt werden, denn Figur, Grösse und Haltung des Luzerner Typs müssen stimmen. Kopfzug und Stirnbreite sowie Schnabelstärke müssen weiter entsprechend der Forderung des Standards verbessert werden. Gleiches trifft für die Bindenlänge zu. Die Einschätzung der braunen Elmer kann man nahtlos für die beiden gelben Tiere übernehmen.

Hinzu kommt noch der Wunsch, dass die Brust- und Bindenfarbe intensiver und leuchtender werden muss. Dem Täuber wünschte ich mehr Spitzkappenhöhe.

Es bleibt festzustellen, dass unsere Elmer (Thurgauer und Luzerner) vorerst eine «Förderrasse» bleiben. Wenn wir diese schönen Rassen weiter auf unseren Ausstellungen sehen wollen, müssen die Preisrichter zuchtfördernde Kritiken verfassen und eine zuchtstandsgemässe, wohlwollende Bewertung durchführen. Eine dem Zuchtstand entsprechende Bewertung sollte eigentlich bei allen Rassen die Grundlage bilden. Aber wird dies immer praktiziert?

Die Note «hv» errang Hendrik Hörnlein auf einen Alttäuber Luzerner Elmer in Braun.

 

Zürcher Weissschwanz

Das letzte Tier in der grossen Palette der 901 zur Schau stehenden Schweizer Tauben, ein Zürcher Weissschwanz, war noch einmal ein Volltreffer und würdiger Abschluss. Der Alttäuber des Farbenschlages Blau ohne Binden zeigte hervorragende Figur, Haltung und Deckenfarbe sowie überzeugende Behosung. Die Bauchfarbe könnte noch etwas gleichmässiger sein.

Die Note «hv» errang Gotthard Einhorn.

 

Abschliessend möchte ich allen Ausstellern aus nah und fern meinen Dank aussprechen für diese grandiose Meldezahl.

Besonderer Dank gilt den beiden Zuchtfreunden vom Schweizer-Tauben-Klub, Fritz Eggimann und Ernst Walser, für dieSchaubeschickung.

Dieses Meldeergebnis bildet einen hervorragenden Rahmen für das 50-Jahr-Jubiläum des SV der Züchter Schweizer Tauben in Deutschland.

Es wird damit eindrucksvoll unterstrichen, dass der SV nicht nur in der Mitgliederstatistik wächst, sondern dass es auch züchterisch vorangeht, auch wenn es uns noch nicht gelungen ist, alle anerkannten Schweizer Taubenrassen im SV zu integrieren.

 

Gerhard Liebscher

(Zuchtwart SV Schweizer Tauben)